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Berührungspunkte deutscher und tschechischer Automobilgeschichte
Da
die Tschechoslowakei während des Zweiten Weltkrieges von
Nazideutschland als Protektorat besetzt gewesen ist, gibt es aus dieser
Zeit einiges zu erzählen, was die gemeinsame Geschichte des
Automobilbaus anbelangt. Der Erfolg von Volkswagen hing damals und auch
in der Nachkriegszeit in gewissem Masse von tschechischen
Autokonstrukteuren ab und wurde durch politische Geschehnisse stark
begünstigt. Diese Fakten sind wenig verbreitet und verdienen es
deshalb, an dieser Stelle erwähnt zu werden.
Zwei Konstrukteure spielten hier eine besondere Rolle. Der eine war Ferdinand Porsche
(…), der andere war Hans Ledwinka. Sein Name ist heute wenig bekannt.
Er war in den zwanziger und dreiss0¨ XDV 0¨ XDV
÷WDV PòWDV ˜¨ XDV P¨ XDV Ó P¨ XDV inder des Käfers war oder dass wenigstens Teile dieser Konstruktion
von ihm stammen könnten.
Tatsache
ist, dass Ledwinka sich in den dreissiger Jahren auf die Konstruktion
von Autos mit luftgekühlten Heckmotoren und stromlinienförmiger
Karosserie spezialisiert hatte und dass er zwei Jahre bevor die ersten
KdF-Prototypen entstanden, einen sehr ähnlichen Wagen gebaut hat, den
V570. Dieser Prototyp ist heute im Tatra-Museum in Koprivnice
ausgestellt. Eine weitere Tatsache ist, dass Hitler ein grosser
Bewunderer der Tatra-Fahrzeuge war und sich für Ledwinkas
Konstruktionen interessiert hatte. Es soll sogar ein Treffen
stattgefunden haben, wo Ledwinka von Hitler betreffend der
Volkswagen-Idee eingeladen worden war und ihm ein Zeichnung des
Prototyps V570 gegeben haben soll. Später wollte Hitler Ledwinka als
Nichtdeutschen nicht mehr berücksichtigen. Ein pikantes Detail ist,
dass Porsche ursprünglich Tscheche war und auf Drängen Hitlers 1934 die
tschechische Staatsbürgerschaft ablegte. Nach dem Einmarsch der
deutschen Truppen in die Tschechoslowakei 1938, fiel die Tatra-Fabrik
mit all seinen Patenten unter deutsche Herrschaft und wurde
konfisziert. Nach dem Krieg wurde Ledwinka verhaftet und der
Kollaboration mit den Nazis bezichtigt. Seine Unschuld beteuernd wurde
er nach sechs Jahren Gefangenschaft freigelassen. Er setzte sich zuerst
in Wien ab, dann zog er nach München. von dort aus versuchte er, zu
seinem Recht zu kommen. Die Familie Ringhoffer, in deren Besitz Tatra
seit 1923 gewesen war, bekam mit Hilfe seiner Aussagen eine bedeutende
Abfindung von Porsche und Volkswagen für Patentvergehen im Zusammenhang
mit dem Volkswagen. Er konnte sich später keinen eigenen Anwalt mehr
leisten, um zu seinen persönlichen Rechten zu kommen und starb 1967.
Tatra erging nach dem Krieg das gleiche Schicksal wie Škoda, nämlich
die Verstaatlichung. Eine politische Grenze aus Stacheldraht und
Wachtürmen entstand und teilte Europa. Internationale Expansionspläne
Tatras - insbesondere war die Motorisierung Afrikas geplant gewesen -
waren für das kommunistische Regime kein Thema mehr. Schliesslich war
es dann der Käfer, der in vielen Weltgegenden, auch in Afrika, rasche
Verbreitung fand und der wirtschaftlichen Expansion Volkswagens stand
nichts mehr im Wege.
War
es also Hans Ledwinka, der den Volkswagen erfunden hatte? Hat Ferdinand
Porsche den bedeutendsten Fall von Werkspionage in der Geschichte des
Automobils auf dem Gewissen?
Obwohl
vieles darauf hindeutet, wurde die Angelegenheit nie eindeutig geklärt.
Die Volkswagen AG hat gegen Ende der achtziger Jahre den Historiker
Hans Mommsen beauftragt, die Geschichte des Werkes während der Nazizeit
zu recherchieren und niederzuschreiben. Sein Buch ist 1996 erschienen
und Hans Ledwinka wurde darin kein einziges Mal erwähnt, Tatra nur sehr
am Rande.
Copyright, Diplomarbeit, Verfasser: David Kalensky, Wangen a. d. Aare, 1999
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